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Der rasierte Mann/Zyniker

Der rasierte Mann und Zyniker. Zwei Romane - Die Andere Bibliothek 197

Erschienen am 25.06.2001
36,00 €
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783821845029
Sprache: Deutsch
Umfang: 320 S., mit Lesebändchen
Format (T/L/B): 2.4 x 22 x 12.5 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

l Wir laufen über die Erde, springen von einer Straßenbahn in die andere, jagen in Zügen dahin, und wozu das alles? Um unser Unglück beim Schopf zu packen. Der eine bekommt es in Form eines äußerst vergänglichen Wesens zu fassen, mit der Stimme eines murmelnden Bächleins und Spiegeln der Seele im Gesicht, daß man sich hinsetzen und Gedichte verfassen möchte. Der andere - in der heimtückischen Annehmlichkeit eines verantwortungsvollen Postens. Ein dritter - in Gestalt eines Freundes mit einem großen Herzen, in das man restlos hineinpaßt. Nicht etwa zusammengerollt wie ein Kringel, gekrümmt wie eine Brezel oder der Griff eines Spazierstocks. Nichts dergleichen. Selbst wenn man sich gerade macht wie ein Pfeil und die Gelenke knacken läßt. Mein Unglück habe ich an einem räudigen Herbsttag in Pensa erwischt. Passiert ist es vor fünfzehn Jahren. Skovoroda sagte von Moses, er habe die unsichtbare Gestalt Gottes 'gezeichnet, als entwerfe er einen Plan, einfach und grob, mit den allernotwendigsten Linien, und darauf die Gemeinschaft der Jidden gegründet'. Ich schreibe ein Buch über mein Unglück, welches vielleicht noch unsichtbarer ist. Ich möchte es Moses gleichtun. 2 Unser privates Pustarjov-Gymnasium war in einem abgewirtschafteten Gebäude aus schmuddeligem Backstein untergebracht. Das Gebäude erschien den Pen-saern riesig. Bei uns sagte man: 'Und wo wohnen Sie, bester Vasilij Petrovic?' 'Ich wohne am Springbrunnen, in dem großen zweistöckigen Haus, Pjotr Vasiljevic.' Es versteht sich, daß das Gebäude mit den vier Stockwerken der Stolz der Stadt war. Man zeigte es Fremden. Man erwähnte es in Familienchroniken. Mit ihm brüsteten sich die Pensaer Patrioten, wenn ihr uralter Streit mit den Tambover Patrioten aufflammte. Das Haus stand an der Hauptstraße. Die Straße war krumm, bucklig. Schwer und kurzatmig kroch sie den Berg hinauf, mühsam die höckrigen, löchrigen, schlecht und nachlässig gepflasterten Sohlen des Fahrdamms voranschiebend. Auf dem Berg hockte ein Zaun. Welk. Mit Galle gestrichen. Auseinandergefallen wie ein Haufen Bretter. Einem Gefängnis ähnlich. Aber auch Oberst Botkin, dem Kommandeur des Primorsker Dragonerregiments, das in Pensa Quartier bezogen hatte. Der Glockenturm der Kirche hatte Ähnlichkeit mit dem Pensaer Gouverneur von Lilienfeld-Toile, einem akkuraten Fünfziger mit nie lächelndem Mund.