Bestellungen von Neukunden können nur gegen Vorkasse versandt werden.
 
0

Die Entschlüsselung der Hieroglyphen

Zwei rivalisierende Genies, das Alte Ägypten und der Stein von Rosette

Erschienen am 16.05.2022
25,00 €
(inkl. MwSt.)

Abholbereit/Versandbereit innerhalb 24 Stunden

In den Warenkorb
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783755600145
Sprache: Deutsch
Umfang: 475 S.
Format (T/L/B): 3.7 x 19 x 12.7 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

'Mit Witz und gutem Gespür für Vergleiche, mit lebendigen Beschreibungen, akribisch und detailverliebt, aber auch mit dem Blick für große historische Zeiträume - die 2000-jährige Geschichte des Alten Ägypten - beschreibt Dolnick den Wettlauf der beiden Gelehrten. Er berichtet von hoffnungsfrohen Ansätzen und klugen Vermutungen, von Irrtümern und Sackgassen und schweift immer wieder kenntnis- und lehrreich ab: Zur Entschlüsselung anderer Schriften und Codes wie der kretischen Linear B oder der sumerischen Keilschrift, zur Entstehung und Entwicklung unterschiedlicher Schriftsysteme, aber auch zu Forschungsexpeditionen und kolonial-räuberischen Grabungen in Ägypten. Meisterhaft.' Günther Wessel, Deutschlandfunk, 22.07.2022

Autorenportrait

Edward Dolnick war für den »Boston Globe« als leitender Wissenschaftsautor tätig, er hat für »The Atlantic«, »The New York Times Magazine« und viele andere Zeitschriften und Zeitungen geschrieben. Er hat bereits mehrere Sachbücher veröffentlicht.

Leseprobe

Der Stein von Rosette hatte ursprünglich an prominenter Stelle in einem Tempel gestanden, zu einer Zeit, die dem Jahr 196 v. Chr. entsprach. Soviel ging aus dem griechischen Text hervor. Mehrere Jahrhunderte später, der Tempel war inzwischen abgerissen worden, lag der Stein von Rosette vermutlich unbemerkt in einem Haufen Schutt. Vielleicht lag er da unberührt über viele Generationen. Vielleicht wurde er in einem oder mehreren anderen Gebäuden "recycelt". Niemand weiß das. Im Jahr 1470 - inzwischen gab es seit tausend Jahren auf der Welt niemanden mehr, der Hieroglyphen hätte lesen können - begann ein arabischer Herrscher mit dem Bau einer Befestigung nicht weit von der Stelle, wo einst der Tempel gestanden hatte. Zu den Baustoffen für des Sultans neue Festung zählte auch ein Haufen Steine, die von irgendwoher herbeigeschafft worden waren. Die Arbeiter, die die Steine an die richtige Stelle zu schleppen hatten, haben die Inschriften auf dem Stein von Rosette vielleicht überhaupt nicht beachtet. Vielleicht haben sie sie noch nicht einmal bemerkt. Jedenfalls setzten sie den Stein an seine Position, zusammen mit zahllosen anderen, ein namenloser Steinblock in einer namenlosen Wand in einer namenlosen Festung. Es ist ungefähr so, als würde man eine Gutenberg-Bibel als Türstopper benutzen. Zuerst dachte man, es würde vielleicht zwei Wochen dauern, bis die Inschriften auf dem Stein von Rosette entziffert wären. Daraus wurden am Ende zwanzig Jahre. Die ersten Linguisten und Gelehrten, die die Inschriften zu Gesicht bekamen, machten sich eifrig ans Werk, getragen von der Überzeugung, wenn sie sich tüchtig ins Zeug legten, würde ihnen gewiss schon bald der verdiente Lohn zufallen. Bald jedoch wurden sie nacheinander von Verwunderung, dann Frustration und schließlich Verzweiflung gepackt - das Einzige, was sie der Nachwelt zurücklassen konnten, war eine Warnung an andere, hier hätte man es mit einem unlösbaren Rätsel zu tun. Zwei rivalisierende Genies, ein Franzose und ein Engländer, trugen den Löwenanteil zum Knacken des Codes bei. Beide waren Wunderkinder gewesen, beide besaßen eine schier unheimliche Begabung für Sprachen, ansonsten jedoch waren sie denkbar gegensätzliche Charaktere. Der Engländer, Thomas Young, war eines der vielseitigsten Genies aller Zeiten. Der Franzose, Jean-François Champollion, war jemand, für den es immer nur um eine einzige Sache ging: Ihm lag Ägypten am Herzen, und nichts sonst außer Ägypten. Young war gelassen und von weltmännischer Höflichkeit. Champollion sprühte nur so vor Ungeduld und Empörung, wenn ihm etwas nicht passte. Young machte sich lustig über den 'Aberglauben' und die 'Verderbtheit' des Alten Ägypten. Champollion staunte über Glanz und Gloria des mächtigsten Imperiums, das die antike Welt je gesehen hatte. Die Nationen der beiden Forscher waren führten Kriege gegeneinander, deshalb ging es für den Franzosen wie für den Engländer nicht allein darum, den anderen zu besiegen, sondern auch um Ruhm und Ehre fürs jeweilige Vaterland. Denn Ägypten, das war das größte aller Mysterien, und der erste Mensch, der herausfände, wie diese Mysterien zu lesen waren, würde ein Rätsel lösen, das die Welt seit über tausend Jahren zum Narren gehalten hatte. Jeder, der den griechischen Text auf dem Stein von Rosette sah, verstand sofort, worum es bei der Sache ging. Wenn die drei Inschriften eine einzige Botschaft auf drei unterschiedliche Arten vermittelten - und warum sonst hätte man sie auf den gleichen Stein platzieren sollen? -, dann könnten auf einen Schlag die Hieroglyphen ihre ganzen Geheimnisse verraten. Eine Schatzkammer, bei der der Schlüssel im Schloss steckte, hätte nicht einladender sein können.

Weitere Artikel vom Autor "Dolnick, Edward"

Alle Artikel anzeigen